Keine weiteren Abschwächungen, keine weiteren Verzögerungen: Mehrere Organisationen der Initiative Lieferkettengesetz haben den Zwischenbericht der Bundesregierung zum sogenannten „NAP-Monitoring“ in einer ausführlichen Stellungnahme kommentiert. Mit dieser Untersuchung wollte die Bundesregierung der Frage nachgehen, ob sich deutsche Unternehmen freiwillig an menschenrechtliche Standards halten. Die Ergebnisse des Zwischenberichts sind katastrophal.
Eine wirkliche Überraschung waren die Zahlen nicht mehr, schließlich kursierten sie schon vorab in der Öffentlichkeit. Und dennoch: Schwarz auf Weiß, in einem offiziellen Dokument der Bundesregierung, wirkten sie noch einmal ganz anders: Nicht einmal ein Fünftel der befragten Unternehmen hält sich freiwillig an menschenrechtliche Standards. Das belegt der offizielle „Zweite Zwischenbericht zum Monitoring des Umsetzungsstandes der im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) 2016–2020 beschriebenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen“, den die Bundesregierung nach vielen Verzögerungen Anfang März endlich veröffentlicht hat.
Bereits im Dezember 2019 waren diese Zahlen an die Öffentlichkeit geraten. Die Initiative Lieferkettengesetz hatte dieses Ergebnis schon damals als „katastrophal“ bezeichnet und die Bundesregierung dazu aufgefordert, Konsequenzen zu ziehen: Sie müsse umgehend ein Gesetzgebungsverfahren für ein Lieferkettengesetz einleiten, anstatt noch mehr Zeit und Geld in weitere Befragungen zu stecken. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Verbände – darunter viele Akteure der Initiative Lieferkettengesetz wie das CorA-Netzwerk, der DGB, das Forum Menschenrechte und VENRO – haben diese Kritik nun erneuert und eine ausführliche Stellungnahme zum NAP-Zwischenbericht veröffentlicht.
Darin kritisieren sie vor allem die Schwachstellen des Verfahrens: Es sei bemerkenswert, dass das Ergebnis trotz der großen Kulanz und Flexibilität in der Methodik des Monitorings so eindeutig ausgefallen ist. Die Verbände fordern die Bundesregierung dazu auf, die zweite Monitoringphase ohne weitere Abschwächungen und ohne zeitliche Verzögerungen durchzuführen. Sollten sich nicht genügend Unternehmen an der zweiten Befragungsrunde beteiligen, müsse die Regierung auf Grundlage der Ergebnisse des Zwischenberichts ein Lieferkettengesetz auf den Weg bringen. Aktuelle Forderungen von Wirtschaftsverbänden, wegen der Corona-Krise das Lieferkettengesetz von der politischen Agenda zu streichen, weisen die Verbände in der Stellungnahme als sachlich nicht begründet zurück.