Die Covid-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen treffen uns in Deutschland hart. Doch auch Menschen im Globalen Süden sind von der Krise betroffen – und ihre Situation ist oftmals dramatisch. In vielen Branchen ist die Nachfrage aus Europa und den USA eingebrochen. Für die Arbeiter*innen am Anfang der Lieferketten hat das fatale Folgen.
Globale Lieferketten beginnen oft in Ländern des Globalen Südens. Das schwächste Glied in der Kette sind dabei oftmals die Arbeiter*innen, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Gerade in den Ländern, die viel nach Europa und in die USA exportieren, sind die Folgen der Krise bereits jetzt deutlich spürbar. Davon berichten zahlreiche Bündnisorganisationen der Initiative Lieferkettengesetz.
So zeigt ein Bericht des Südwind-Instituts: Viele Fabriken aus der verarbeitenden Industrie müssen schließen. Die Preise von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten sinken rasant. Besonders in der Textilbranche haben Zulieferer in Südostasien zum einem mit stornierten Lieferaufträgen zu kämpfen. Zum anderen nehmen Auftraggeber in vielen Fällen die bereits fertiggestellte Ware nicht mehr ab. Die Zulieferer bleiben so auf den Produktionskosten sitzen. Aufgrund des Preisdrucks in der Branche war es für viele Textil-Zulieferer in der Vergangenheit unmöglich, Rücklagen aufzubauen. In der Krise können sie nun die Näher*innen nicht weiterbezahlen, auch nicht anteilig.
Human Rights Watch berichtet, dass sich Textilunternehmen kaum an Lohnfortzahlungen oder Abfindungen für Arbeiter*innen aus den Textilfabriken beteiligen. Viele Arbeiter*innen stürzt das in die Existenznot. Allein in Bangladesch sind bereits über eine Million Arbeiter*innen entlassen worden. Laut Humans Rights Watch widerspricht dieses Verhalten der Textilunternehmen den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, wie sie die Vereinten Nationen definiert haben. So liegt es in der Verantwortung der Unternehmen, menschenrechtliche Risiken zu identifizieren, Gegenmaßnahmen einzuführen und umzusetzen. Unternehmen, die Aufträge ersatzlos stornieren und bereits produzierte Ware nicht bezahlen, setzen sich nicht mit Risiken auseinander, sondern lassen ihre Zulieferer im Stich.
Auch im Kakaosektor sind die Auswirkungen von Covid-19 bereits deutlich spürbar. Das INKOTA-netzwerk weist darauf hin, dass der Kakaopreis seit Beginn der Krise bereits um fast 30 Prozent gesunken ist. Rund 70 Prozent der weltweiten Kakaoernte kommen aus Westafrika. Das hat für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern fatale Konsequenzen. Laut Südwind-Institut trifft der Preisverfall die Länder Ghana und Côte d’Ivoire am härtesten. Der drastische Preisverfall treibt viele Kleinbäuerinnen und –bauern in die Armut.
Die Christliche Initiative Romero richtet den Blick nach Mittelamerika: Während in Nicaragua über 100.000 Arbeiter*innen aus der Exportproduktion um ihren Arbeitsplatz fürchten, läuft die Arbeit in vielen Fabriken derzeit noch ohne Gesundheitsschutz weiter. Nicaraguas Krisenpolitik orientiert sich nicht an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Es gibt keinen Aufruf, zu Hause zu bleiben oder soziale Kontakte zu meiden. Schulen sind weiterhin geöffnet und öffentliche Großveranstaltungen finden nach wie vor statt.
In Europa erhalten viele Menschen in Krisenzeiten staatliche Unterstützung – in vielen Ländern des Globalen Südens gibt es oft keinerlei soziale Absicherung. Die Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, in dieser Krise zusammenzurücken und solidarisch miteinander zu sein – und dabei den Blick auch über den eigenen Tellerrand hinaus zu richten. Für uns ist klar: Diese globale Krise können wir nur gemeinsam meistern. Dazu gehört auch, dass Unternehmen entlang ihrer gesamten Lieferkette in angemessener Weise Verantwortung übernehmen müssen – auch für Menschen im globalen Süden. Die Forderung nach einem Lieferkettengesetz ist aktueller denn je.